Inklusion verschiebt sich um ein Jahr? Wohl eher um ein Jahrzehnt! Die Landesregierung hat den Rechtsanspruch auf Inklusion um ein Jahr verschoben. Eigentlich müssten wir das begrüßen, forderte der AK Bildungspolitik der NRW-Piraten doch schon im Januar, dass man Inklusion unbedingt machen sollte, aber richtig und nicht im ruinösen Schnellverfahren.
Mit der 9. Schulrechtsänderung will Rot-Grün mit möglichst geringen Änderungen im Schulsystem in die Inklusion starten. Das ist ein guter Gedanke, aber er sollte nicht dazu führen, dass für Eltern und Schüler freie Schulwahl und Rechtssicherheit Fremdworte werden. Und noch weniger kann es im Interesse einer Inklusion sein, dass Anträge auf Überprüfung von Förderbedarf einfach großflächig abgelehnt werden, um den Rechtsanspruch auf Förderung zu nehmen, und letztlich damit eine Menge Geld zu sparen. Das passiert jetzt schon, und man fragt sich, ob Schulämter das aus eigenem Interesse oder nach Weisung machen.
Das ist eine „kalte Inklusion“: Kommunen füllen leere Schulen mit Förderschülern ohne die Finanzierung eben der Förderung sicher zu stellen. Dazu passt, dass Kommunen und Kreise schon jetzt Förderschulen zusammenlegen und somit reduzieren, obwohl nach wie vor die Landesmittel für die Inklusion fehlen. Der Ausschluß von Teilhabe an Bildung und somit die Entrechtung ist für viele betroffene Kinder die zwangsläufige Folge.
Besonders perfide ist die Folge für einen ganzen Jahrgang betroffener Kinder, die in 2013 zur Förderschule gewiesen werden: sie müssen auch nach einem möglicherweise in 2014 endlich geltenden Rechtsanspruch auf inklusive Schule weiterhin die Förderschule besuchen. Ein Recht für Eltern und Schüler auf einen Wechsel nach der Einschulung in die Förderschule ist auch im nun aufgeschobenen Gesetzentwurf nicht vorgesehen. Jugendamt und Schulaufsichtsbehörde hingegen haben das Recht, einen Schulwechsel in beide Richtungen durchzusetzen, notfalls gegen den elterlichen Willen mit drastischen Folgen bis hin zum Entzug des elterlichen Sorgerechts. Man möchte sich nicht vorstellen, welche Auswüchse hier denkbar sind.
Insgesamt erscheint die Schulsituation in NRW damit verworrener, als man sich das mit normaler Schulbildung vorstellen kann. Inklusion wird nicht nur um ein Jahr verschoben, es ist bisher ja weder angestrebt noch gar gelungen, die Schüler ohne Förderbedarf zu inkludieren. Wie überall in Deutschland, wird auch in NRW sozial ausgegrenzt und aussortiert, was das Zeug hält. Erkenntnisse der pädagogischen Forschung, der Hirnforschung und der Psychologie werden systematisch übergangen, Inklusion wird eher als Sparmaßnahme gedacht, denn als eine wirkliche Chance für unsere Gesellschaft.
Etablierte Bildungspolitik spart sich den Gedanken, dass eine Investition in die Bildung in der Zukunft Früchte tragen würde, verwaltet lieber den Notstand und arbeitet sich an alten Ideologien ab!
Autoren: Manfred Schramm, Holger Hennig
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