Am Sonntag flatterten diverse Tweets durch meine Timeline, die auf ein aktuelles Interview mit Bundespräsident Gauck verwiesen, das er dem SPIEGEL gegeben hatte. In diesem Interview tat Gauck die aktuelle Sexismus-Debatte als „Tugendfuror“ ab. Die Thematisierung eines strukturellen Problems wurde von ihm wieder auf den Einzelfall Brüderle reduziert; von Fragen der Geschlechtergerechtigkeit distanzierte er sich, indem er sie als „Frauenfrage“ bezeichnete. „Eine besonders gravierende, flächendeckende Fehlhaltung von Männern gegenüber Frauen kann ich hierzulande nicht erkennen“, war Gaucks Kernaussage im Bezug auf die Debatte. [1]
Mich, die ich schon bei #aufschrei [2] von Anfang an dabei war, machten diese Aussagen wütend und traurig. Dass ein privilegierter Mann wie Gauck die Erfahrung tausender betroffener Frauen öffentlich als übertrieben beschreibt, ist symptomatisch für die Debatte. Diejenigen, die gesellschaftliche Missstände benennen, tun dies mit gutem Recht und sind nicht das Problem selbst. Gauck wünscht sich Engagement und zerredet im gleichen Atemzug eine Bewegung, die sich direkt vor seinen Augen formiert.
Mit meinem Entsetzen über das Interview war ich nicht alleine. Auf meinen Tweet hin, dass ich Gauck gerne einen offenen Brief schreiben würde, meldeten sich sogleich ein paar Mitstreiterinnen. [3] Den ganzen Sonntag verbrachten wir mit dem Verfassen des Briefs und einer dazugehörigen Pressemitteilung. Wir legten uns einen Ablaufplan zurecht und stellten dem Bundespräsidenten eine Auswahl exemplarischer Geschichten von Twitter und alltagssexismus.de zusammen.
Am Montag übergab eine Mitverfasserin den Brief persönlich an der Pforte des Bundespräsidialamtes und zur Sicherheit schickten wir ihn auch noch einmal per E-Mail an die Pressestelle des Präsidenten. Wir wollten ihm die Gelegenheit geben, zu reagieren und seine Aussagen richtig zu stellen. Deswegen schickten wir die PM und den Brief erst einen Tag später an die Presse. Mittwochs um 11 Uhr sollte der Brief auf http://alltagssexismus.de/gauck online gehen, damit auch Andere ihn unterzeichnen könnten. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es eine Sperrfrist für die Presse.
Bereits am Dienstag rief mich die erste Journalistin an und wollte ein paar Statements von mir hören. Zumindest würde unsere Aktion nicht ganz unbemerkt versanden, war unsere Hoffnung. Kurz vor Ablauf der Frist gab es dann die zweite Nachfrage der Presse. Um es kurz zu machen: Schon 36 Stunden nach Veröffentlichung des Briefs konnten wir die 2000. Unterstützungsunterschrift freischalten. Fast 30 Zeitungsartikel sowie Radiobeiträge, Blogposts und Fernsehinterviews sind entstanden und es gibt schon weitere Anfragen. Den Brief gibt es mittlerweile auch auf Englisch zu lesen [4] —“ die Übersetzung wurde von ein paar Twitter_innen in einem Pad organisiert.
Viele Tweets und Kommentare unter dem Brief machen die Bedeutung der Debatte deutlich. Die Unterschriften zeigen, dass zahlreiche Menschen —“ darunter ungeheuer viele Männer —“ nicht einverstanden sind mit der Art und Weise, in der Gauck sich zu Sexismus geäußert hat. Themen wie Sexismus und sexualisierte Gewalt können nicht mehr so einfach unsichtbar gemacht werden. Machtstrukturen, die sexuelle Übergriffe und Sexismus begünstigen, müssen brüchig werden. Die Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen“ im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zeigt, dass 58 Prozent aller befragten Frauen bereits Situationen sexueller Belästigung erlebt haben. [5]
Auch wer sich bisher nicht mit feministischen Themen beschäftigt hat, kann den heutigen 102. Internationalen Frauentag vielleicht als Ausgangspunkt nehmen, sich näher mit dieser Thematik zu beschäftigen. Als Piratenpartei wollen wir, dass alle Menschen sich frei bewegen und äußern können. #Aufschrei war der Stein des Anstoßes dafür, dass vor allem Frauen nun das vielfach lebenslange Schweigen gebrochen haben und den Mut fanden, über ihre erniedrigenden und traumatischen Erfahrungen zu sprechen.
Die Piratenpartei setzt sich weltweit für Menschenrechte ein – und Frauenrechte sind Menschenrechte. Uns muss es ein Anliegen sein, dass die geschilderten Erlebnisse nicht relativiert, bagatellisiert (und) oder abschätzig betrachtet werden. Als von einer Ungerechtigkeit nicht betroffene Person behauptet es sich immer leicht, dass ein Problem nicht existiert, aber das zeugt dann eben auch von einer sehr beschränkten Sicht auf die Welt. Statt die Debatte und die damit verbundenen Geschichten in dieser Weise abzuschmettern, wäre es besser, den Betroffenen zuzuhören, dafür Räume zu schaffen und sich solidarisch zu zeigen – online wie offline.
Quellen:
[1] Das vollständige Interview mit Joachim Gauck gibt es nur als E-Paper und in der gedruckten Ausgabe, Auszüge finden sich aber hier: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sexismus-debatte-gauck-beklagt-tugendfuror-im-fall-bruederle-a-886578.html
[2] http://kleinerdrei.org/2013/02/was-ihr-schon-immer-uber-aufschrei-wissen-wolltet-und-bisher-auch-zu-fragen-wagtet-ein-faq-versuch/
[3] https://twitter.com/Faserpiratin/statuses/308169332565868545
[4] http://alltagssexismus.de/gauck/en
[5] http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Lebenssituation-Sicherheit-und-Gesundheit-von-Frauen-in-Deutschland,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf
Autorin: @Faserpiratin
Eine mit dicken Lügen gespickte Kampagne und die Piraten machen da mit. Ihr setzt diesen Schwindel auch noch auf eure Website. Das ist und bleibt eure letzte Wahlperiode im Landtag. Meine Stimme kriegt ihr nie wieder.
Gauck ist ein Wendehals und Jammerossi. Wegen solcher Leute bin ich da weg. Es gibt dort zuviele Ex-SEDler, die jetzt in der CDU sind. Manche wissen eben wie man sein Fähnchen in den Wind dreht.
Ich habe mich wohl verlaufen. Diese Sexistinnen-Kampagne widerspricht den Grundsätzen der Piratenpartei. Wie kann man nur so einen verlogenen Beitrag veröffentlichen? Ist das eine Webseite der Piratenpartei oder die des Bundesverbandes junger männerfressender Sexistinnen?
Übrigens wäre eine baldige Freischaltung schön, nicht erst in 100 Jahren. Das ursprüngliche Programm der Piraten, Meinungsfreiheit und so. Wissenschon oder schon nicht mehr.
Ich erkenne in dem obigen Artikel noch nicht die Absicht, Männer zu fressen. 😉
Vielleicht wäre eine sachliche Kritik zielführender?
Ich kann dieses Gejammere immer noch nicht verstehen. Es hat schon etwas von Heuchelei, wenn man von überbordendem Sexismus spricht. Brüderle ist ja nun wirklich harmlos, und sexistische Sprüche wird man nie abschaffen können. In früheren Zeiten war das viel schlimmer.
Aber mein Gott…Wie empfindlich sind heutige Frauen geworden? Sowas muss man abkönnen, einfach ignorieren. Wenn die Männer handgreiflich werden, dann zur Polizei.
Schlimmer sind im übrigen nicht diejenigen, die irgendwelche Sprüche ablassen, sondern diejenigen, die direkt zur Sache kommen, ohne Vorwarnung. Soll ich die Dunkelziffer an Vergewaltigungen jährlich nennen? Dagegen ist das Gemecker üebr sexistische Sprüche geradezu lächerlich.
Ich kann dieses Gejammere immer noch nicht verstehen. Es hat schon etwas von Heuchelei, wenn man von überbordendem Sexismus spricht. Brüderle ist ja nun wirklich harmlos, und sexistische Sprüche wird man nie abschaffen können. In früheren Zeiten war das viel schlimmer.
Aber mein Gott…Wie empfindlich sind heutige Frauen geworden? Sowas muss man abkönnen, einfach ignorieren. Wenn die Männer handgreiflich werden, dann zur Polizei.
Schlimmer sind im übrigen nicht diejenigen, die irgendwelche Sprüche ablassen, sondern diejenigen, die direkt zur Sache kommen, ohne Vorwarnung. Soll ich die Dunkelziffer an Vergewaltigungen jährlich nennen? Dagegen ist das Gemecker über sexistische Sprüche geradezu lächerlich.
Vorallem sind da erfrischend die Positionen einer Alice Schwarzer zur Prostitiution. Da kann man dann direkt den Sexismus bekämpfen.Auch die Scharia mit der Frau Ann Barnhardt.
Denn die Islam-Apartheid ist nicht nur antisemitisch er stellt die schlimmst Form der Apartheid gegen Ungläubige und Frauen dar.(Daneben das er auch noch klar gegen Europa und den säkularen Staat ist).