Du glaubst, Deine Daten auf dem Smartphone und Handy sind vor neugierigen Blicken sicher? Du meinst, nur Du kennst dein E-Mail-Passwort? Du denkst, der Staat kann nur bei wirklich schlimmen Verbrechen herausfinden, welcher Nutzer wann welche Seite angeklickt hat? Falsch!
Denn am heutigen Tag ist das umstrittene Gesetz zur Bestandsdatenauskunft
(BDA) in Deutschland in Kraft getreten. Hinter diesem unscheinbaren
Namen verbirgt sich ein neues Überwachungsgesetz, das jeden betrifft.
Polizei und Geheimdienste dürfen durch dieses Gesetz neuerdings auf
Passwörter, PINs und sogar Log-in-Daten für E-Mail-Konten von allen
Internetnutzern zugreifen. Dabei gibt es keinen Richtervorbehalt und die
von solchen Ausspähungen Betroffenen werden auch im Nachhinein nicht
informiert. Das Gesetz ist außerdem so unscharf formuliert, dass
wahrscheinlich auch Passwörter zu Dropbox-, Google- und Facebook-Konten
ebenso abgefragt werden dürfen.
Polizei und Geheimdienste dürfen Internetnutzer nun auch viel leichter
identifizieren, weil die Internet- und Telefonanbieter gezwungen sind,
die dazu notwendigen Daten herauszugeben. Geheimdienste benötigen dafür
nicht einmal einen Grund.
Mit den geplanten Änderungen wird das Telekommunikationsgeheimnis im
Kern ausgehöhlt. Gemeinsam mit der Piratenpartei haben im März dieses Jahres auch viele
Andere vor diesem Gesetz gewarnt, unter anderem die Gesellschaft für Informatik
e.V., der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), der Verband deutscher
Internetwirtschaft e.V. (eco), der Bundesverband Informationswirtschaft,
Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) sowie der Arbeitskreis
Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat).
Der Vorläufer dieses Gesetzes wurde noch zu Zeiten der rot-grünen
Regierung beschlossen und wurde auf Klage von Patrick Breyer, dem
Fraktionsvorsitzenden der Piratenpartei im Landtag von
Schleswig-Holstein, im letzen Jahr für verfassungswidrig erklärt. [2]
Nun hat die schwarz-gelbe Regierungskoalition dieses ebenso
verfassungswidrige Gesetz zur BDA mit Unterstützung der SPD beschlossen.
Dazu Jens Seipenbusch, Bundestagskandidat für die PIRATEN in NRW:
„Es ist eine Unverschämtheit, wie hier ein so weitreichendes neues
Überwachungsgesetz geschaffen wird, als hätte es die Skandale um
Datenschutz nie gegeben. Wenn sich die Menschen bei ihren E-Mails und
Telefongesprächen nun nicht mehr auf das Telekommunikationsgeheimnis
verlassen können, dann macht unsere Republik einen großen Schritt
Richtung Stasi. Der Schutz der Bürgerrechte wird von den etablierten
Parteien einfach über Bord geworfen.“
Patrick Breyer und Katharina Nocun, die politische Geschäftsführerin der
Piratenpartei, haben bereits eine neue Verfassungsbeschwerde gegen diese
BDA ins Leben gerufen. Unter http://stopp-bda.de kann dabei jeder
mitmachen und seinem Protest Luft machen!
Achtung!! wird dieses Zustimmungsgesetz vom Bundesrat blockiert, dann können die Strafverfolgungsbehörden ab dem 30.6.2013 keine Bestandsdatenabfragen (Wem gehört eine bestimmte Telefonnummer, bzw. welche Telefonnummer hat eine bestimmte Person – Inhaltsdaten sind nicht betroffen)) bei Telekommunikationsunternehmen mehr vornehmen. Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaften sind dann in weiten Teilen ausgeschlossen, da diese Abfragen zur Feststellung von Straftätern, zur Auffindung von Vermissten und zur Vorbereitung von Telekommunikationsmaßnahmen unerlässlich sind!
Die deutschen Nachrichtendienste Bundesnachrichtendienst (BND), militärischer Abschirmdienst (MAD) und Verfassungsschutz – bestehend aus Bundesamt (BfV) und Landesämtern (LfV) für Verfassungsschutz – sammeln entsprechend ihrer jeweiligen – gesetzlich vorgesehenen – Zielrichtung Erkenntnisse. Darüber unterrichten sie die Regierungseinheiten, denen sie zugeordnet sind. Das nachrichtendienstliche Trennungsgebot würde durchbrochen werden, wenn zwischen den Nachrichtendiensten und Polizei ein uneingeschränkter Informationsfluss stattfände. In diesem Falle würden die Polizeien Nutznießer der im Vorfeld von Gefahrenlagen und Straftaten verdachtsunabhängig erlangten Erkenntnisse. Dementsprechend sind die Befugnisse der Nachrichtendienste, Informationen weiterzugeben, gesetzlich festgelegt und begrenzt.
Im neuen Telekommunikationsgesetz steht außerdem, Polizei und Geheimdienste dürfen auch Daten abfragen, „mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden“ möglich ist. Gemeint sind Passwörter beispielsweise von E-Mail-Konten, aber auch Clouddiensten.
Mit dem neuen Gesetz reagiert Mecklenburg-Vorpommern auf den im Mai vom Bundestag verabschiedete Regierungsentwurf zur Reform der Bestandsdatenauskunft. Dieser regelt, unter welchen Voraussetzungen Bundesbehörden Zugriff auf Daten von Anschlussinhabern bei Telekommunikations-Anbietern erhalten. Anfang Mai billigte auch der Bundesrat die Änderung des Telekommunikationsgesetzes ( hier ).
dpa / Oliver Berg/Archiv Ein Sicherheitsbeamter vor dem Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln.
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Was sind Bestandsdaten? Dazu zählen Name, Anschrift, Geburtsdatum, Rufnummer, Kontoverbindung aber z.B. auch die PIN des Handys und Klartext-Passwörter für E-Mail-Accounts. Indirekt könnten Ermittler über die Passwort-Zurücksetzung auch auf Facebook und Google zugreifen. Für den Beschluss dieses weitreichenden Gesetzes im Bundestag waren nur dreißig Minuten vorgesehen. Wie beim Meldegesetz, war nur eine handvoll Abgeordnete anwesend.
In den §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 8 Abs. 3 BVerfSchG werden dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in zwei Regelungen das Verbot der Angliederung an eine Polizeidienststelle und der Ausschluss polizeilicher Befugnisse sowie in einem dritten Regelungskomplex bestimmte Aufgabenfelder zugewiesen (vgl. § 3 BVerfSchG). Aus dem Zusammenspiel dieser drei Regelungsbereiche, welche sich in den Spezialgesetzen jedes deutschen Nachrichtendienstes finden, ergibt sich das Trennungsgebot unter einem funktionellen, kompetenziellen und organisatorischen Gesichtspunkt.
bildeten das Staatspolizeiamt und die Leitstellen 1935 ihren reichsweit ausgebauten Überwachungs- und Verfolgungsapparat. Für 1937 ist eine Gesamtstärke von 7.000 Bediensteten anzunehmen. Für 1941 waren 14.835 Gestapoangehörige auf den Gehaltslisten verzeichnet, von denen jedoch rund 4.000 außerhalb des Reiches eingesetzt wurden. Mit dem Ausbruch des Weltkriegs dehnte die Gestapo ihre Verfolgungsmaßnahmen nicht nur räumlich aus, sondern bekämpfte auch neue Gegnergruppen, womit am Ende des Dritten Reichs nicht weniger als 31.000 Mann beschäftigt waren.
Was sind Bestandsdaten? Dazu zählen Name, Anschrift, Geburtsdatum, Rufnummer, Kontoverbindung aber z.B. auch die PIN des Handys und Klartext-Passwörter für E-Mail-Accounts. Indirekt könnten Ermittler über die Passwort-Zurücksetzung auch auf Facebook und Google zugreifen. Für den Beschluss dieses weitreichenden Gesetzes im Bundestag waren nur dreißig Minuten vorgesehen. Wie beim Meldegesetz, war nur eine handvoll Abgeordnete anwesend.