Wie die Schleswig-Holsteinische Landesregierung auf Anfrage der Piraten mitgeteilt hat, will die Bundesregierung dem umstrittenen CETA-Handelsabkommen samt Schiedsgerichtsklagen auch gegen das ausdrückliche Votum von Bundesländern zustimmen. Obwohl ausschließliche Zuständigkeiten der Länder wie Bildung und Kultur betroffen sind, soll deren Einverständnis nicht eingeholt werden, so Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Meyer. Aus diesem Grund sei in den Ländern auch kein Volksentscheid über CETA möglich.
Der schleswig-holsteinische Piratenabgeordnete Patrick Breyer als Fragesteller ist entsetzt:
»Nach dem CETA-Abkommen könnten private Schulungsanbieter oder Kulturveranstalter vor nicht-öffentlichen Schiedsgerichten auf ‘Investitionsschutz’ klagen, wenn Bundesländer Auflagen machen oder öffentliche Angebote fördern. Dieser undemokratische Übergriff in Landeszuständigkeiten darf keinesfalls ohne Zustimmung der Bundesländer erfolgen. Ich fordere die Ministerpräsidenten auf, CETA eine eindeutige Absage zu erteilen und gegen eine Übergehung dieses Votums durch den Bund notfalls vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen! Hier droht ein Bruch des Grundgesetzes mit Ankündigung.«
Daniel Schwerd, netz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Piratenfraktion NRW, ergänzt:
»CETA gilt als Blaupause des Freihandelsabkommens der EU mit den USA, TTIP. Es ist nicht davon auszugehen, dass TTIP in seinen Auswirkungen hinter CETA zurückfällt. Wir müssen also befürchten, dass auch hier Investitionsschutz-Regelungen und andere Festsetzungen enthalten sein werden, die Landeszuständigkeiten berühren. Die Nordrhein-Westfälische Landesregierung hat schon bestätigt, dass sie über die Verhandlungen zu TTIP nur sehr spärlich informiert wird. Wenn auch hier später der Beschluss ohne Zustimmung der Länder gefasst werden soll, ist das ein deutliches Alarmsignal. Ohne Zustimmungen der Bundesländer dürfen solch weitreichende Abkommen nicht geschlossen werden.«
Daniel SchwerdFoto: Anke Knipschild
Während das kanadisch-europäische Abkommen CETA kurz vor dem Abschluss steht, wird das europäisch-US-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP weiter über die Köpfe der Menschen hinweg hinter verschlossenen Türen verhandelt. Das Dienstleistungsabkommen TiSA darf sogar erst fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten veröffentlicht werden. Immer mehr Details werden bekannt und belegen die Befürchtungen unzähliger NGOs und Aktivisten. Völkerrechtlich langfristig bindende Freihandelsabkommen entwerten unsere Demokratie zu Gunsten der Vermarktungsstrategien großer Konzerne. Zudem schaffen geheim tagende Schiedsgerichte eine Paralleljustiz außerhalb rechtsstaatlicher Kontrolle.
Der Beauftragte der Piratenpartei, Bruno Kramm dazu:
»TTIP, CETA und TiSA sind die Dreifaltigkeit des globalen Handelsdiktats transnationaler Konzerne. Sie sind der Sargnagel der Demokratie. Das Investorenklagerecht ISDS und die langfristige Strategie, Verbraucherschutzstandards zu Gunsten internationaler Konzerne auf das schwächste Niveau zu senken, lässt Demokraten das Blut in den Adern gefrieren.
Statt den Datenschutz in Zeiten der NSA-Überwachung zu stärken, wird mit dem Abkommen unsere Privatsphäre zur Handelsware. Mit dem europaweiten Aktionstag, am 11.10. können die Menschen in Deutschland ihrem Protest Ausdruck verleihen und mit ihrer Unterschrift die Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP unterstützen.«
Als einen besondern Vorteil von TTIP führt die EU-Kommission gerne immer wieder die Angleichung von Standards an. Guido Körber, Koordinator der AG Umwelt, sieht die gegenseitige Anerkennung technischer Standards allerdings nicht so rosig wie die Kommission:
»Die im Rahmen von TTIP und CETA gemachten Versprechen für vereinfachten Handel sind zum größten Teil nicht einlösbar. So ist die gegenseitige Anerkennung von Standards zwischen EU und USA eine Einbahnstraße. Die EU kann über die CE-Kennzeichnung problemlos andere Standards akzeptieren, in den USA ist das so nicht möglich. Tatsächlich entziehen sich die meisten Standards der Kontrolle der US Regierung und sind auf Ebene der Bundesstaaten oder privatrechtlich festgelegt. US-Verhandlungsführer Bryant Trick hat dazu selbst während eines Roundtable-Gespräches zugegeben, dass man nur auf einen ›Trickle Down Effekt‹ hoffen kann, in dem die Bundesstaaten und Marktteilnehmer von sich aus die EU-Standards anerkennen.«
Die Piratenpartei fordert das Aussetzen der Verhandlungen, die komplette Veröffentlichung des Abkommens und eine offene Debatte über die Normen des globalen Handels von Morgen.
Wie konnte es denn so weit kommen? Die DGB-Spitze ist auch nicht grundsätzlich dagegen!!?? Was passiert hier? Warum macht hier die gesamte politische „Elite“ mit!? Und die Bevölkerungsmehrheit schläft weiter und wählt die Etablierten… weiter…