Perversion eines offenen Europas
„Die Binnengrenzen dürfen an jeder Stelle ohne Personenkontrollen überschritten werden.“
Dieser Satz ist das Herzstück des Schengener Abkommens von 1985, welches heute 30 Jahre alt wird. Frankreich, Deutschland und die Benelux-Länder machten den Anfang. 21 weitere EU-Staaten haben sich seither dem Schengen-Raum angeschlossen. Heute vor genau 20 Jahren fielen schließlich zwischen diesen Staaten die Schlagbäume.
Reisefreiheit, Kulturaustausch, Erfahrbarkeit – endlich mal eine europäische Erfolgsgeschichte, könnte man sagen. Wenn diese Errungenschaften nicht andauernd in Frage gestellt würden.
Zweifelsohne: Schengen startete als von oben geplantes Wirtschaftsprojekt, wie eigentlich alles in der EU. Aber es hat sich zum Anker der europäischen Idee weiterentwickelt. Millionen junge Menschen haben Grenzkontrollen in der Mitte des Kontinents nie erfahren müssen. Das schaffte Vertrauen. Europa war auf einmal mehr als Binnenmarkt und Kapitalfreiheit.
Doch wie fragil Europas Zusammenhalt ist, zeigen die letzten Jahre und Monate: Die EU wird nicht von außen in Frage gestellt, die wirklichen Europafeinde sind mitten unter uns.
Polit-Oligarchen in Deutschland, Frankreich, Dänemark und anderswo unterwandern offen die europäische Idee und das, was aus 30 Jahre Schengen erwachsen ist. Abgrenzung zu den Bevölkerungen in den anderen EU-Ländern wird propagiert. „I against I“. Dänemark stellte kurzfristig die Schlagbäume wieder auf, die Berliner GroKo weist arbeitssuchende Bulgaren und Rumänen aus, Frankreichs Konservative wollen Schengen aufweichen. Europas Politikelite schreckt zur innenpolitischen Profilierung nicht einmal vor der Grundsäule der EU zurück. Europas Herz wird aufgeschlitzt.
Das ist die Perversion des offenen Europas: Für die Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalfreiheit wird politisch alles getan. Doch wenn mehr Menschen von der Freizügigkeit profitieren wollen, werden sie wie tödliche Fremdkörper im Organismus behandelt.
Dabei produziert die Eurozone selbst Wirtschaftsvertreibung und soziale Verwerfung. Gleichzeitig verhindern Berlin und Brüssel jeglichen sozialen Ausgleich innerhalb der EU – beispielsweise durch eine Europäische Arbeitslosenversicherung.
Wir PIRATEN stehen für ein offenes Europa für die Menschen, innerhalb und außerhalb der Union. „30 Jahre Schengen“ muss wieder für „30 Jahre Reisefreiheit, Kulturaustausch, Erfahrbarkeit und Offenheit“ stehen.
Die festen Stiche ins Herz Europas haben tiefe Wunden hinterlassen. Wir werden dafür sorgen müssen, dass Europa nicht ausblutet!
Gastbeitrag von Nico Kern (MdL) PIRATEN:
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