Mit einer kämpferischen Rede hat Patrick Schiffer, Landesvorsitzender der Piratenpartei NRW, den 20. Landesparteitag der Piraten NRW eröffnet.
Hierbei prangerte er ganz aktuell die Pläne der Regierung zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung an und überraschte mit einer interessanten Stellenausschreibung. Durch die momentane Entwicklung sieht er die Notwendigkeit für uns Piraten und allen Bürgern in den digitalen Widerstand zu gehen.
Zum internationalen Aktionstag gegen TTIP, an denen sich die Piratenpartei ausgiebig beteiligt, fand er auch deutliche Worte zu den Geheimverhandlungen und den Auswirkungen dieses unsäglichen Abkommens. Er fordert den sofortigen Stopp der Verhandlung um diese Büchse der Pandora nicht weiter zu öffnen.
Auch das laue Lüftchen der Landesregierung zum in Sachen Netzausbau, Fortschrittlichkeit, Open Data und Open Government in NRW ist in seinen Augen mit peinlich noch freundlich bezeichnet. Frau Kraft hat sich mit ihrer Regierungserklärung unter dem Titel „MegaBits. MegaHerz. MegaStark.“ in einem Digitalenentwicklungsland wie NRW der Lächerlichkeit preis gegeben.
In dem Themenkomplex Flüchtlingspolitik in NRW, der durch die Piraten seit Jahren in den Landtag getragen wird, stellte er fest, dass NRW noch weit entfernt von guten qualitativen Standards in der Erstaufnahme, Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge ist. Der Innenminister versteckt sich hinter halbherzigen Aussagen und Presseaktionen, die in der Praxis nicht greifen, und setzt sich nicht für die Menschen ein, die unsere Hilfe brauchen. Er forderte sehr deutlich einen unabhängigen Flüchtlingsbeauftragten und mehr Verbindlichkeit.
Am Ende ging er grundsätzlich mit der Landesregierung und ihrer Unglaubwürdigkeit ins Gericht und schwor die NRW Piraten auf den Wahlkampf für 2017 ein.
Die Rede in Gänze (Es zählt das gesprochene Wort):
Liebe Piraten, liebe Gäste, liebe Journalisten.
In diesem Moment wird diese Ausschreibung sowohl auf der Bundeswebseite als auch auf der NRW Webseite veröffentlicht.
Liebe PIRATEN, liebe Gäste, liebe Journalisten hier und im Stream ich begrüße Euch alle sehr herzlich zu unserem 20. Landesparteitag, hier in Gelsenkirchen.
Bei allem, was in der letzten Zeit politisch in Deutschland geschehen ist, wollte ich unseren Parteitag eigentlich mit einer Schweigeminute beginnen. Einer Schweigeminute, weil die Bundesregierung es sich zur Aufgabe gemacht hat, unsere Bürgerrechte und unser Grundgesetz zu beerdigen. Aber, dazu können wir nicht schweigen! Dazu werden wir nicht schweigen!
Die Einführung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung, wie auch immer die Regierung sie jetzt per „Neusprech“ bezeichnen mag, tritt alle unsere Überzeugungen mit Füßen.
Wir PIRATEN sagen: Frau Merkel, Herr Maas, das geht gar nicht!
Sie haben damit die erste Büchse der Pandora geöffnet.Besinnen Sie sich, Sie treiben es zu weit und taumeln selbst von Sinnen in den Treibsand. Damit überschreiten Sie die rote Linie deutlich, und sind sich der eigentlichen Konsequenzen und nachhaltigen Schädigungen vermutlich selbst nicht bewusst! Halten Sie inne, spannen Sie das verkümmerte Gewissen an, denn hier ist in der Tat die grundlegendste Sphäre Unbescholtener betroffen.
Mit uns wird es das nicht geben, kann es das nicht geben, wir werden dagegen klagen, dagegen demonstrieren, sie werden auf allen Kanälen von uns hören – versprochen!
Heiko Maas ist innerhalb von 4 Monaten umgefallen. Und wie nennt er das Debakel?
Grundrechtsschonend. Was für ein Wort!
Sie treten unser Grundgesetz mit Füßen. Sie schaffen unsere Freiheit ab. Und nennen das dann „mit Perwoll gewaschen“. Ja nee, ist klar. Ein Werber hätte es nicht besser formulieren können. Diese Entscheidung ist allerdings ein Schleudergang bei 200°, welcher unsere Wäsche verdirbt. Die Grundrechte sind eingelaufen.
Und das alles für unsere Sicherheit?
Die weltweite, anlasslose Überwachung kühlt bestenfalls Kommunikation ab und schlimmstenfalls erleichtert sie Industriespionage, aber sie hat nicht besonders viel mit Sicherheit zu tun. Sie ist reine politische Kontrolle und stellt in sich selbst ein Risiko dar. Denn dahinter stecken Menschen, die Fehler machen und manipulierbar sind.
Ich glaube an ein freies Internet und werde mein Leben lang dafür kämpfen. Der ungehinderte Zugang zum Netz muss ein im Grundgesetz verankertes Grundrecht werden. Dafür setze ich mich ein. Dafür setzen wir uns alle ein.
Diese momentane Entwicklung zwingt uns Piraten in den digitalen Widerstand.
Weiteren Widerstand müssen wir auch gegen TTIP leisten – die zweite Büchse der Pandora beginnt damit, sich zu öffnen. Ich glaube, was TTIP heisst, brauche ich hier im Saal niemandem mehr zu erklären. Heute ist der internationale Aktionstag gegen TTIP, an dem sich die Piratenparteien aus ganz Europa beteiligen. Wir alle wissen inzwischen aus diversen Leaks, welche unsäglichen Punkte das Freihandelsabkommen beinhalten sollen. Auf den Druck unzähliger Organisationen, mit denen wir Piraten von Beginn an kooperiert haben, hat die Politik letztlich nachgegeben und veröffentlicht jetzt in hauchdünnen Salamischeibchen die Ergebnisse der intransparenten Verhandlungen. Mir reicht das nicht! Ich fordere: Setzen Sie die Verhandlungen zu TTIP aus! Stoppen Sie diesen Wahnsinn. Noch ist es nicht zu spät. Wer weiß wie viel einzelne Salamibrocken uns bald noch um die Ohren fliegen!
Mal etwas allgemeines. Ihr kennt das.
Anstatt die politischen Instrumente anzupassen und weiterzuentwickeln, entschieden sich die etablierten Parteien, an den veralteten Ideen der Vergangenheit zu festzuhalten und ihre Interessen zu verteidigen. Die Aufrechterhaltung alter Strukturen wird als wichtiger erachtet, denn der Markt könnte ja gestört werden und etwas Neues könnte sich entwickeln. Hier bitte ein Panikmeme Eurer Wahl einsetzen. Oder Piraten wirken. An der Stelle müssen wir reingrätschen.
Die Landesregierung hat sich laut Regierungserklärung Digitale Themen auf die Fahnen geschrieben. Auf der einen Seite der Fahne steht „Digitale Agenda“, auf der Rückseite steht „Vorratsdatenspeicherung“. SPD-Fahnen werden seit neustem beidseitig bedruckt, falls sie sich mal im Wind drehen. Man hört die SPD-Protagonisten jetzt schon beim kleinsten Windzug knistern wie Pergamentpapier.
Der Stand der Dinge in Sachen Netzausbau, Fortschrittlichkeit, Open Data und Open Government in NRW ist mit „peinlich“ noch sehr wohlwollend umschrieben. Die Digitale Revolution findet jetzt statt und die SPD bemüht sich unter Mithilfe der Grünen ihr so gut wie möglich auszuweichen.
Die Regierungserklärung von Hannelore Kraft hieß „MegaBits. MegaHerz. MegaStark.“Kann man machen. In einem Bundesland in dem Schulen nicht vernünftig ausgestattet sind, in dem Piraten immer noch für Aufsehen sorgen, wenn man in Witten oder Arnsberg Freifunk unterstützt.
Geliefert wurde bisher nichts, es wird an alten Programmen festgehalten, Neuerungen werden abgeblockt, vor allem wenn sie nicht aus den eigenen Reihen kommen. Das Motto scheint zu sein „Nur was von uns kommt, ist zustimmenswert“. Und wenn dann doch mal was beschlossen wird, dann soll es bis 2018 fertig sein. Wie passend, ein Jahr vorher könnte es ja weh tun im Wahlkampf. Diejenigen, die sich ernsthaft stark machen wollen für ihr Land, ihren Bürger, die fangen früh an und REALISIEREN kompromisslos.
Was ist die Folge dieser Sturheit? Die Schüler müssen sich ihre Medienkompetenz in weiten Teilen selber aneignen, Firmen stoßen auf eine schlechte Infrakstruktur, Kommunen fehlt das Geld weil Investoren fehlen. Die Digitale Revolution hat das Leben der Menschen, die sich Offline bewegen längst erfasst. Bewegungsprofile, Smart-TV, Spielekonsolen. Das nächste was nun ansteht sind sprechende Barbiepuppen.
Auf der Strecke bleiben Datenschutz, Privatsphäre, Selbstbestimmung und unsere Freiheit. Verschenkt beim parlamentarischen Abend zum Erhalt der eigenen Macht.
Aber selbst wenn wir andere Themen betrachten, die nicht unmittelbar einen Bezug zur digitalen Welt haben kann man nur mit dem Kopf schütteln.
Was die Flüchtlinge betrifft, so ist NRW noch weit entfernt von guten qualitativen Standards in der Erstaufnahme, Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Wir brauchen einen unabhängigen Flüchtlingsbeauftragten und mehr Verbindlichkeit.
Anstatt auf die Menschen zuzugehen und zu helfen, Vorurteile abzubauen, wird hier verharmlost und die Situation schön geredet. Die Menschen brauchen unsere Hilfe. Jetzt. Ich weiss von vielen Projekten, in denen Piraten auf kommunaler Ebene genau das jetzt im Moment unter Beweis stellen. Gut so!
Prioritäten der Landesregierung
Wir haben in NRW einen Innenminister der viele Vorlieben hat, anstatt sich um die wirklich drängenden Probleme zu kümmern. In Bezug auf die Zustände in „Burbach“ Ende letzten Jahres wurden halbherzig Dinge angekündigt und noch halbherziger umgesetzt. Das geht so nicht! Rot-grün hat hier eindeutig nicht genug getan. Anstatt sich um die Flüchtlingsunterbringung und die Verhinderung von rechter Gewalt zu kümmern, geht der Minister mit dem „Blitzmarathon“ öffentlichkeitswirksam auf Autofahrerjagd. Einen Vorteil könnte es gehabt haben: vielleicht wurde ja Heiko Maas dabei geblitzt, wie er auf dem Weg zur Vorratsdatenspeicherung flitzte!
Wir haben eine Schulministerin die mit einer dicken, grünen, ideologischen Keule die Inklusion umsetzen will. Unabhängig von geäußerten Bedenken, unabhängig von der Personalsituation an den Schulen, unabhängig von der Situation der Kommunen. Alles Musik ohne Instrumente, lediglich und regelmäßig dazu gedacht, sich eine Portion von sich selbst zu gönnen und vor der Bühne stehen die schmachtenden Zuschauer, die bereits Eintritt bezahlt haben und bekommen nichts
Aber über die Grünen in NRW muss man eigentlich nicht viel sagen. Auf Bundesbene gegen die Vorratsdatenspeicherung wettern und im Land NRW die Hände unten lassen wenn es die SPD will. Kann man sich drüber aufregen, muss man aber nicht.
Die Glaubwürdigkeit der Grünen endete ohnehin an der Stelle wo man den Einkauf aus dem Bio-Laden auf den Beifahrersitz des SUV stellt. Passiert halt wenn man notorischen Weltverbesserern zu viel Geld überweist. Da werden aus Verbesserungen schnell Verbote.
Ausblick auf 2015
Genug auf die Regierung eingeschlagen. Nun. Nicht genug, aber wir haben noch einiges zu tun. Was steht dieses Jahr an?
Wir müssen uns gemeinsam auf die Themen vorbereiten , die wir im Wahlkampf 2017 präsentieren wollen.
Wir müssen die Außendarstellung auf allen Ebenen optimieren.
Wir müssen die Kommunale Arbeit erfolgreich fortsetzen und die Vernetzung mit der Landtagsfraktion an allen Stellen verbessern.
Wir müssen mehr Möglichkeiten zur Beteiligung und Teilhabe an der Politik schaffen. Wenn wir das schaffen und alle an einem Strang ziehen, dann prophezeie ich ein Wahlergebnis von 6% bei der Landtagswahl 2017. Dafür werde ich aus ganzen Herzen kämpfen. Lasst uns anfangen! Willkommen im Wahlkampf!
An dieser Stelle möchte ich mich noch bedanken.
Bei meiner Verlobten Nicci und meinen drei Kindern für die viele entbehrte Zeit, in der sie mich nicht sehen. Ohne diese Unterstützung könnte ich diesen Job nicht machen. Ich danke auch all euren Partnern, Familienangehörigen, Kindern von Piraten, die ehrenamtliche Arbeit leisten. Ihr seid unser Rückhalt, unsere Stützen
Ich bedanke mich auch bei meinen ehemaligen Vorstandsmitgliedern Maja Tiegs, Daniel Neumann und Tim Reuter. Vielen Dank für eure Arbeit und für die Nerven die ihr mit oder wegen uns strapaziert habt.
Hiermit erkläre ich den Landesparteitag 2015.1 für eröffnet. Ich wünsche allen Anwesenden vor Ort und im Stream eine anregende Zeit
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