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– das System braucht Veränderung

Eigentlich sollte ich mich sauwohl fühlen können in diesem Land.
Und als Mensch Baujahr 1960, der die Vorteile dieser Republik genießen konnte, sollte ich großes Verständnis für das Handeln der Repräsentanten der Macht haben – sie sind vielfach in vergleichbarem Alter und vermutlich ähnlich sozialisiert wie ich.

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Warum also dieses ‚eigentlich‘.

Weil ich Zeichen sehe, wie dieses Land verändert wird, wie es sich ändert und die Balance verliert.
Weil ich beobachte, wie politisches Biedermeier das Feld bereitet für einen Staat, der außer Bestandssicherung und Kontrolle keine Angebote für seine Menschen hat.
Viele mit dem Grundgesetz erklärte und über Jahrzehnte erkämpfte und bewahrte Rechte für Menschen und Bürger werden von einer nicht genau identifizierbaren ‚Elite‘ aus Finanz- und Wirtschaftskreisen diskreditiert und angegriffen, die in einer um sich selbst kreisenden politischen Landschaft willfährige Erfüllungsgehilfen findet.

Längst regt sich kaum mehr jemand auf, wenn wieder einmal ein Grundrecht eingeschränkt werden soll. Wir haben uns daran gewöhnt.
In der Alten Welt mag der Prozess unauffällig und schleichend fortschreiten.
Noch können wir mit Bargeld bezahlen. Wir bemerken im Alltag nicht, dass unsere unbaren Geldgeschäfte längst überwacht werden.
Noch sehen wir unsere Gesundheitskarte als Eintrittskarte zur Arztpraxis und wissen nicht, wer so alles bei der elektronischen Gesundheitskarte mitliest, wo wir ein Zipperlein oder eine wesentliche gesundheitliche Einschränkung haben. Und wir können uns nicht vorstellen, dass die Daten, außer von unseren Ärzten von anderen Interessierten genutzt werden. Deshalb werden wir uns vielleicht wundern, warum wir einen Job, eine Versicherung oder eine Fahrerlaubnis nicht bekommen.

Genau dieser dumpfe Zustand soll, geht es nach dem Willen der oben angesprochenen Machtelite, erhalten bleiben.

Ohne die Chancen der Neuen Welt, die Chancen der Digitalisierung zu verstehen, missbrauchen diese Leute einerseits digitale Werkzeuge, um unbescholtene Menschen zu überwachen und zu kriminalisieren, und versuchen diese Leute andererseits, die neuen Realitäten in ihre alten Denkmuster zu pressen und sie zu beschneiden und vergewaltigen somit die Chancen der Gesellschaft auf Weiterentwicklung.

Sie überwachen ihre Bürger oder helfen dabei mit.
Sie opfern große Teile unserer Freiheiten einer behaupteten Sicherheit.
Sie wollen die bereits einsetzenden und kommenden Entwicklungen in der Arbeitswelt mit Lösungen aus dem Industriezeitalter des letzten Jahrhunderts nach ihrem alten Verständnis kanalisieren.

Sie wollen global agieren und vernachlässigen dabei die Menschen vor Ort.
Um ihren Status quo zu sichern, verhindern sie fortschrittliche gesellschaftliche Entwicklungen.

Ich habe kein Verständnis für eine Vorratsdatenspeicherung, deren Richtervorbehalt im Zweifel weniger wert ist als die Minute Arbeitszeit eines Richters, der den Antrag auf Datenfreigabe durchwinkt.

Ich habe kein Verständnis für die zentrale Speicherung meiner Gesundheitsdaten, die auch auf einem Speicherchip im Wert von wenigen Cent in meiner Hosentasche Platz fänden und die genau nur dahin gehören. In meine und nur meine Hoheit.

Ich habe kein Verständnis für geheime Abkommen, die in einem demokratischen Land den Menschen als einzige Zukunftssicherung verkauft werden.

Ich habe kein Verständnis für die Praxis, Menschen zu drangsalieren, die nicht aus eigener Kraft ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Ich habe kein Verständnis für ein Urheberrecht, bei dem Verwertungsgesellschaften den Rahm abschöpfen, Urheber nur noch Mittel zum Zweck sind und die kulturelle Vielfalt vor die Hunde geht.

Ich habe kein Verständnis für mit Steuermitteln geschaffenes Wissen, das der Allgemeinheit vorenthalten wird.

Ich habe kein Verständnis für eine Exekutive, die dem politischen Willen einiger Weniger unterworfen ist.

Ich habe kein Verständnis für die steuerliche Bevorzugung nur eines einzigen Familienmodells.

Ich habe kein Verständnis für die Missachtung des Muts und der gesellschaftlichen Leistung von Whistleblowern.

Ich habe kein Verständnis dafür, obwohl ich es – siehe oben – doch haben sollte. Ich habe Angst. Angst um unsere Freiheitsrechte und um unsere Demokratie.

Wir müssen dieses System der Gestrigen ändern, um wieder zu einer Gesellschaft zu kommen, in der nicht nur Wenige profitieren. Zu einer Gesellschaft, die für alle Bedingungen bietet, zukunftsfroh teilzuhaben und sie voranzubringen.

 

 

Manfred Schramm ist Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei NRW

1 Kommentar zu “#D2015

  1. Jürgen Hey

    Den Akrtikel kann ich leider als Jahrgang 1952 nur unterscchreiben.

    LG von Jürgen Hey

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