Domino-Effekt

Von 1998 bis 2009 zog die Sendung Domino Day (RTL) regelmäßig ein Millionenpublikum in ihren Bann.

MSchramm-Portrait_800px

Das schlichte Prinzip der Sendung war die Kettenreaktion kippender Domino-Steine, der sogenannte Domino-Effekt.
Die Faszination entwickelte das TV-Format mit ständig neuen Rekordversuchen und optischen Effekte durch Kameraübersichten und Fahrten.

Einen solchen Domino-Effekt ohne jeden Stein können wir in den letzten Monaten in der politischen Landschaft unserer Republik in Sachen Flüchtlings- und Migrationspolitik erleben.

Wann kommt die Kettenreaktion bei den PIRATEN an und wie gehen wir PIRATEN damit um? Das frage ich mich seit einigen Wochen.

Wenn ich bei dem Bild der Domino-Steine bleibe, stelle ich fest, dass der CSU-Stein in dem Spiel nicht mitspielt, die CSU kann in Sachen Flüchtlings- und Migrationspolitik gar nicht kippen. Der CSU-Stein lag, was die Offenheit für die Aufnahme Flüchtender und Migranten betrifft, schon immer flach.

Die anderen Steine im Spiel sind alle beweglich

Der CDU-Stein begann recht früh zu wackeln. Wolfgang Bosbach (‚Deutschland kann keine Flüchtlinge aufnehmen‘, Volker Kauder (‚fordert Grenzschutzpolizei‘, De Maizière mit wiederholten unrichtigen oder tendenziösen Aussagen über Flüchtlinge (Dankbarkeit, Taxi, streiken, prügeln sich), die 34 CDU-Funktionäre mit ihrem Brandbrief gegen Merkel und nicht zuletzt die schon wahlkämpfende Julia Klöcker (will Flüchtlingszahlen begrenzen) lassen den CDU-Stein wackeln. Er steht mehr als kurz vor dem Umfallen.

Der SPD-Stein, von dem ich in der Sache eigentlich eine gewisse Standfestigkeit erwartete, wackelt nun auch. Nein er wirft sich quasi aktiv und ohne Zwang zu Boden. Die Eskapaden Gabriels (Pegida-Robbe ‚ „Es gibt ein Recht, deutschnational zu sein„, Pack, „nähern uns mit rasanter Geschwindigkeit den Grenzen …“,„Wir sind am Limit“) eskalieren in dem Aufruf dreier Essener SPD-Ortsvereine zu einem Solidaritätsmarsch gegen weitere Flüchtlingsunterbringung.

FDP- und LINKE-Steine haben in Sachen Flüchtlings- und Integrationspolitik eher kleine Standflächen, da ist das Kippen kein Wunder. Lindners „Die Zahl der Flüchtlinge muss sich mehr als halbieren“ und Wagenknechts „Kontingente für Flüchtlinge“ reichen da aus.

Bleiben die GRÜNEN, deren ‚Kernanliegen ein menschenwürdiges Asyl- und Aufenthaltsrecht‘ ist, glaubt man ihren früheren Aussagen.
Ziemlich ambivalent treten Palmer in Tübingen, Kretschmann in Baden-Württemberg und Özdemir in der Bundespartei GRÜNEN Idealen in den Hintern.

Die Domino-Steine kippen; einer nach dem anderen

Beim Domino-Day kam es nicht ein einziges Mal dazu, dass sämtliche Steine fielen.

Werden bei der stattfindenden Abkehr von ehemaligen Positionen und Haltungen in der Flüchtlings- und Migrationspolitik alle Parteien kippen?
Der Domino-Stein der Piratenpartei, die in Menschen keine Risiken sieht, sondern Chancen, stand bisher stabil und sicher aufrecht.
Nun gibt es junge, zaghafte Ansätze der Auseinandersetzung um die Haltung der Partei zur Frage der Flüchtlings- und Migrationspolitik auf kommunaler Ebene.

Auf die Anfrage eines Ratsherren der PIRATEN aus Solingen hin sah sich der Landesvorstand der Piratenpartei NRW aufgefordert, Kritik zu üben.
Diese Kritik des Landesvorstands löste eine Diskussion aus, deren Ergebnis noch abzuwarten bleibt.

Wir PIRATEN sind der Meinung, dass Zuflucht vor politischer Verfolgung und den Folgen von Krieg und Bürgerkrieg zu gewähren zu den elementaren Verpflichtungen des Völkerrechts gehört. So steht es in unserem Europawahlprogramm. Ebenso gehört zu unserem Programm ‚Asylgründe ausweiten‘ und ‚Grenzen zu Brücken statt zu Mauern machen‘.
Unsere Meinung ist also klar. Asyl ist ein Menschenrecht und deshalb nicht verhandelbar, Obergrenzen kann es nicht geben.
An diesen Positionen sollten wir nicht rütteln, dieser Dominostein darf nicht kippen.

Wir PIRATEN setzen uns mit aller Kraft dafür ein, die Verhältnisse für alle hier lebenden Menschen positiv und zukunftsfähig zu gestalten. Mit politischen Forderungen, praktischer Hilfe, kritischen Fragen und mit unserer Arbeit in Landtagen und kommunalen Vertretungen.

In der Süddeutschen Zeitung erschien am 22. Januar eine wie ich finde lesenswerte Kolumne von Carolin Emke über das Denken, in der sie schreibt: ‚Dabei ist das Zweifeln an eigenen Positionen gerade jetzt so wichtig.‘ und dass es um Verständigung geht.

Wir PIRATEN haben uns auf Programme und Positionen verständigt und machen das fortlaufend.
Das wird auch so bleiben!

 

Gastbeitrag von Manfred Schramm, Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei NRW.

0 Kommentare zu “Domino-Day

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 4 = 2