Disclaimer: Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss Silvester – oder auch PUA IV – hat sich darauf geeinigt, dass einzelne Abgeordnete die Ergebnisse der Zeugenbefragungen nicht öffentlich bewerten und das werde ich auch in diesem Blogbeitrag nicht tun. Mir geht es einzig und allein um die Art der Arbeit und die zu Tage tretenden Schwerpunkte der einzelnen Fraktionen.
Seit 18. Februar bin ich jetzt für die Piratenfraktion NRW im PUA zu den Vorkommnissen der Silvesternacht in Köln. Unsere Fraktion ist damals nicht mit auf den Einsetzungsantrag gegangen und hat sich bei der Abstimmung zum Untersuchungsausschuss auch enthalten. Damals haben wir zu dieser Einstellung viel Kritik geerntet. Uns müsse doch auch an der Aufklärung gelegen sein und ob uns denn Gewalt gegen Frauen vollkommen egal wäre.
Natürlich ist sie uns alles andere als egal. Vielmehr hatten wir damals die Sorge, dass ein solcher PUA die wirkliche Aufklärung der Ereignisse nur verzögern würde. Unserer damaligen Meinung nach würde es den anderen Fraktionen dort einzig und allein um Parteipolitik gehen. Schon in den Reden zum Ausschuss wurde klar: Ziel von CDU und FDP wird es sein Minister Jäger und Ministerpräsidentin Kraft möglichst zu schädigen um Kapital für den Wahlkampf daraus zu schlagen. Und SPD und Grüne würden alles dafür tun dies zu verhindern. Alleine das zu erwähnen wurde uns von den genannten Fraktionen fast schon als Verrat ausgelegt. Wie konnten wir sowas nur sagen? Ihnen ginge es um die Opfer. Aber das Versagen von *Bund-Land-Polizei-Stadt Köln-XYZ* dürfe natürlich nicht außer Acht gelassen werden.
Wir sind jetzt im 3. Monat des Ausschusses und ich muss sagen, dass jede unserer Befürchtungen erfüllt wurde.
Doch woran erkennt man diese Zielsetzung, ohne dass ich hier über geheime Inhalte spreche? Da sind zum einen die geladenen Zeugen. Von Anfang an hat sich die CDU daran fest gebissen wie NACH der Silvesternacht die Kommunikation zwischen den Behörden vor Ort auf der einen Seite und den Ministerien auf der anderen Seite gelaufen ist. So werden immer wieder Fragen dazu gestellt, ob eine Mail am 1. Januar vormittags, oder vielleicht doch am 2. Januar nachmittags geschickt wurde. Sie wollen herausfinden, wann genau auf die Minute Minister Jäger von den Ereignissen wusste und ob Frau Kraft wirklich erst am 4. Januar davon erfahren hat. Wie das dabei helfen soll, die Ereignisse der Silvesternacht aufzuklären ist mir vollkommen schleierhaft.
Viel hatte sich die CDU versprochen von der Befragung Minister Jägers. Doch diese blieb, wie nicht anders zu erwarten, ergebnislos für die CDU. Herr Jäger ist ein Medienprofi. Selbstverständlich hat er sich keine Blöße gegeben. Auch nicht nach 8 Stunden Befragung. Vollkommen frustriert von dieser Befragung stellte die CDU einen verzweifelten Beweisantrag. 12 Personen aus der Staatskanzlei sollen geladen werden. Dabei handelt es sich nicht nur um politisch Verantwortliche sondern auch um jede Vorzimmerdame, die auf dem Verteiler der WE-Meldung (wichtiges Ereignis) stehen. Sie alle sollen dazu aussagen wann sie mit wem über die Ereignisse gesprochen haben. Ich will mir gar nicht vorstellen was in den Opfern vorgehen mag, wenn sie erfahren mit welchem Kram sich die CDU hier aufhält.
Und wie reagiert die SPD? In Person des Innenministers schiebt sie die komplette Verantwortung ab und gibt die komplette Schuld der Kölner Polizei. Natürlich ist der Minister nicht in der Silvesternacht in Köln gewesen und hat die Polizeiarbeit beeinträchtigt. Und selbstverständlich ist er nicht ursächlich Schuld an den Ereignissen und den Fehlern vor Ort. Aber er trägt die politische Gesamtverantwortung für alle Zuständigkeiten des Innenministeriums. Und eben hier sind in dieser Legislaturperiode schon sehr viele Fehler passiert. Seien es die Misshandlungen an Geflüchteten in Burbach, das Versagen der Ordnungsbehörden bei den HoGeSa Ausschreitungen in Köln, oder eben jetzt bei der personellen und organisatorischen Aufstellung der Polizei in der Silvesternacht. Es zieht sich eine Spur der Fehleinschätzungen durch Jägers Zuständigkeiten.
Doch es wird weiter gehen. Das Spiel der Schuldzuweisungen und das Herumreiten auf Nebensächlichkeiten.
Und während CDU und SPD sich bereits im Wahlkampf befinden und fröhlich mit sich selbst beschäftigen, spricht niemand mit denen die es wirklich betrifft – den Opfern. Die Opfer haben nämlich die richtigen Fragen. Und diese Fragen drehen sich nicht darum, ob die Ministerpräsidentin am 3.1. oder am 4.1. informiert wurde. Sie drehen sich darum, warum ihnen in der Nacht nicht geholfen wurde, warum die Polizei so unterbesetzt war, warum die Politik nicht über Gewalt an Frauen spricht. Wie sagte doch einer der Abgeordneten in kleiner Runde: „Wir haben so viele Zeugen zu befragen, da können wir doch den Teil mit der sexualisierten Gewalt etwas kleiner halten.“
Genau deshalb haben wir uns zum Untersuchungsausschuss enthalten. Und genau deshalb erstarkt der rechte Mob und die Menschen im Land verlieren ihr Vertrauen in die ehemaligen Volksparteien.
Na herzlichen Glückwunsch.
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