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Gastbeitrag von Sabine Martiny zum Tag des Grundgesetzes

Das Grundgesetz oder LEX FUNDAMENTALIS

Im Jahr 1948 entschieden sich die Siegermächte (ohne die Sowjetunion) für einen föderalen Staatsaufbau mit internationaler Kontrolle der Montanindustrie.
Die Weimarer Verfassung von 1919 hatte es ermöglicht, dass durch das Ermächtigungsgesetz die Demokratie durch das Führerprinzip im NS-Staat ersetzt werden konnte – eine Wiederholung sollte das neue Grundgesetz verhindern.

Bis heute ist das Grundgesetz ca. 60 mal geändert worden, zum Beispiel die Wiedereinführung der Wehrpflicht, oder die Artikel 115a bis Artikel 115l (Notstandsverfassung). Sämtliche Änderungen, auch alle wieder aufgehobenen, findet man im Internet.

Am 23. Mai wird unser Grundgesetz 69 Jahre alt. Jeder einzelne Artikel des Grundgesetzes beruht ursprünglich auf einem positiven Menschenbild. Die dort verankerten Grundrechte haben aufgrund der Erfahrungen aus dem nationalsozialistischen Unrechtsstaat eine besondere Bedeutung.

Wir PIRATEN schreiben „Wir halten uns an’s Grundgesetz – da sind wir konservativ“.
Aber wie sieht es mit Regierungen und Volksvertretern aus, von denen wir erwarten können müssen, dass gerade sie sich an das Grundgesetz halten?

Das auffallendste Beispiel in Bezug auf unsere Grundrechte ist dieser großartig klingende Artikel 1

„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“

Wenn die Feststellung „die Würde des Menschen ist unantastbar“ zuträfe, sähe dieses Land anders aus, es hätte eine internationale Strahlkraft, die es leider nicht hat.
Ob es Asylsuchende betrifft oder Hartz IV-Empfänger, die Würde wird überall mehr als nur „angetastet“, sie wird ignoriert und mit Füßen getreten.

Ein weiteres Beispiel ist der Artikel 14 (2)

„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Egal, ob es zugelassen wird, dass Konzerne ihre eigene Vorstellung davon haben, wie man Gewinne optimiert oder aus Wohneigentum der größte Nutzen gezogen wird, unsere derzeitige Regierung wie auch die Regierungen davor überlesen geflissentlich den Satz!
Einigkeit und Recht und Freiheit… komm, Millionär, und reiche dem Obdachlosen, dem Sozialhilfeempfänger, dem Bettler und dem Geflüchteten deine Hand – denn
Eigentum verpflichtet – ebenso wie das Grundgesetz.

Oder aber Artikel 19 (2)

„In keinem Fall darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.“

Dieser Artikel spricht für sich selbst.

Zum Thema „Der Bund und die Länder“ Artikel 21

„Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen.
Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.“

Ein Transparenzgesetz wird umgangen, ein Lobbyregister tunlichst vermieden. Wer möchte schon aufgedeckt sehen, dass wir von der Automobilindustrie und anderen Konzernen regiert werden!

Oder zum Thema „Bundestag“ Artikel 38

„Die Abgeordneten des Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“

Zu diesem Artikel möchte ich nur sagen: wenn ihn jemals ein Abgeordneter verinnerlicht hat, muss das länger her sein. Die Abgeordneten aller im Bundestag vertretenen Parteien müssen, je nach Fraktion, ein “Einheitsgewissen“ haben, denn es musste jeder Abgeordnete von Bundeskanzlerin Merkel vom Fraktionszwang entbunden werden, um bei der Abstimmung „Ehe für Alle“ dieses eine Mal auf das eigene Gewissen hören zu können. ­­­

Und noch einmal zurück zu unseren Grundrechten: Heute, im Jahre 2018, erscheint es mir so, dass Terror unser Weltbild bestimmt, dass Politik und Medien unsere Ängste schüren, und das ist dann wohl die Begründung, jeden Bürger – ganz ohne Unschuldsvermutung – zu überwachen und in seiner Freiheit einzuschränken.

Ein Grundgesetz kann nur Wirkung entfalten, wenn es verbindlich für alle gilt – immer und ausnahmslos.

Sabine Martiny, Fraktionsvorsitzende ‚Die LINKE/Piraten‘ im Kreistag Paderborn.

8 Kommentare zu “Das Grundgesetz oder LEX FUNDAMENTALIS

  1. „Ein Transparenzgesetz wird umgangen.“

    Das ist eher falsch (Prägnanz = -3), denn GG Art. 21.1 kann man so interpretieren, dass nicht nur über finanzielle, sondern auch GEISTIGE Mittel/Gewissen Rechenschaft abgelegt wird, was mit #Republikstandard nicht geht. Das war mal Piraten-Neuland…

    Die Piratenpartei aber hat ihr eigenes Transparenzgesetz für freiheitliche Gewissensabstimmungen umgangen, nicht das Grundgesetz tut dies. Das Grundgesetz gibt das sogar her, was die Piratenpartei inklusive ihrer scheinheiligen, antideutschen Linksfaschisten mit Vetternwirtschaft vergeigt hat…

    • Ich mag dieses Land. Es ist schon ganz gut. Ich möchte es gerne noch besser machen. Deshalb bin ich in einer Partei. Darum habe ich mich in ein Parlament wählen lassen. Dort war ich transparent und haben nur meinem Gewissen nach gehandelt… und habe ein Transparenzgesetz gefordert, dass diesen Namen auch verdient.

      Das alles mit diesen „scheinheiligen, antideutschen Linksfaschisten mit Vetternwirtschaft“.

      Geh einfach woanders hin zum trollen. Danke!

  2. Madddin

    Wer mit der Linken paktiert kann noch so gute Artikels schreiben, er ist trotzdem in Kollaboration mit der Partei, die bis 1989 ein Land regierte das einen Scheiß auf das Grundgesetz gab.

    Hohle Worte. Schade, genau wegen solchen Paktierereien ist eure Partei unwählbar.

    Kein Fussbreit den Radikalen, weder dem rechten Gesindel noch den Erben der roten Mörder.

    • CW-Marlene

      Vom (damaligen) Ausland zu verlangen, sich ans Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu halten, ist ein bisschen absurd. Abgesehen davon zeigen ein Blick auf den Kalender und eine kleine Rechnung, dass von den ihrerzeit Verantwortlichen nicht mehr sehr viele aktiv sein dürften und da wir uns nicht an Religions- oder Sagenbüchern orientieren, in denen Taten irgendwelcher Leute sieben Generationen lang bestraft werden …..
      Zusammenarbeit an Stellen, an denen man etwas gemeinsam hat, wobei es viel öfter um Parkbänke, Ampeln, Umgang mit Geflüchteten etc. als um die Ausrufung der Weltrevolution geht, ist nicht „paktieren“ sondern vernünftig.

      • Arno Nimos

        Hat sich die Linke von ihrer Vergangenheit gelöst? Ich habe gehört das sie Maduro in Venezuela gratuliert. Wer mit so Leuten zusammenarbeitet braucht mir nichts vom Grundgesetz zu erzählen. Sorry

    • @Madddin
      Jedes Gesetz besteht aus hohlen Worten…Sprache kann niemals eindeutig sein.

      Herrschaft ist immer eine Unterwerfung unter Sprache, so entsteht Gehorsam.

      Jedes Rechtssystem beruht einzig auf Moral.

      • Madddin

        Wer die Symbole, Phrasen, Ideologischen Grundlagen und Vorbilder eines Unrechtssystems verwendet ( und dessen aktuelle Vertreter in z.B. Kuba lobt ), der ist nur deshalb gerade demokratisch, weil er aktuell keine Macht hat.

        Wer sehen will was passiert wenn dies Gesellen an die Macht kommen kann ja mal nach Venezuela sehen.

        Erst wenn der letzte Ex-SED Funktionär und der letzte Stasi-Gehilfe ( oder Mitarbeiter) die Linke verlassen hat, und erst wenn der letzte Sympathisant von Kuba, Venezuela oder Russland die Partei verlassen hat, erst dann glaube ich das diese irre Ideologie friedlich geworden ist.

        Ihre Opfer, also diejenigen, die mich am Stockholm-Symdrom leiden, werden diese Partei und deren Kollaborateure nicht wählen. Niemals.

        Kein Fussbreit den radikalen, auch nicht denen im Schafspelz!

  3. Auf was begründet sich ein Rechtssystem?
    Auf Moral und nur auf Moral. Recht ist immer nur eine moralische Kategorie. Recht & Unrecht, Schuld & Unschuld, Gut & Böse sind moralische Kategorien. Sie sind nicht existente sprachformale Konstrukte, _willkürliche_ Setzungen.

    Jeder, wirklich jeder Staat ist eine juristische Person, ein durch Moral geschaffenes höheres Wesen. Sprache wird durch die jeweilige Moral weit überhöht, sie wird zur Gottheit, der Gehorsam zu leisten ist. So wird der Untertan ‚erschaffen‘, der dieser Gottheit dienen darf.
    Sprache selbst wird eine Fähigkeit zugeschrieben, die nun dem Menschen abgesprochen wird.
    Verhaltenssteuerung des Menschen über die Sprache der jeweiligen Moral, die beliebige (Be)Wertungen setzt.

    Recht setzt immer eine Herrschaft, einer als gültig erklärten Moral voraus, auch Verfassung genannt. Das RechtsWESEN dient nicht dem Menschen, sie dient der Herrschaft.

    Der Mensch wird zum Eigentum einer Gottheit, die den Menschen belohnt und bestraft, die ihn formt, ihn dressiert, ihn konditioniert.

    Recht ist immer das Recht des Stärkeren, denn nur der Stärkere, die Sieger/Gewinner kann sein Recht auch durchsetzen. Die Schwachen, die Verlierer, machen kein Recht. Ein Rechtssystem ist immer eine _Wettbewerbsordnung_.

    Menschen können nur so tun, ‚als ob‘ ein Rechtssystem existiert. ‚Betreutes Denken‘ ist tatsächlich nur der Gehorsam, der den gesetzgeberischen sprachlichen Konstrukten folgt.

    Ein sprachliches Konstrukt ist ein nicht existentes Ideal. Es ist völlig unmöglich nicht exitenten Idealen zu folgen.

    Gefangen in einem Spiel, einer selbstgeschaffenen Matrix, wirkt der Mench immer destruktiver, denn er muß die Wirklichkeit ignorieren, um so tun zu können, ‚als ob‘ in dieser Welt sprachliche Konstrukte existierten.

    In der Psychologie gibt es eine vereinfachte Beschreibung dieses Phänomes der Herrschaftsspiele und wird Dramadreieck genannt, mit den Darstellern Täter-Opfer-Retter. Erforderlich ist die wachsende Ignoranz durch Doppelbindung(stheorie).

    Moral hat den Zweck der Simplifizierung, durch formale Urteile, in dessen Folge Identitätspolitik notwendig ist, um überhaupt Gut & Böse, Schuld & Unschuld durch Recht & Unrecht zuweisen zu können. Sprachliche Konstrukte, Ideale genannt, sind simple Glaubenssätze, denn Sprache kann nicht eindeutig sein. Sprache kann die Wirklichkeit nicht abbilden. Sprache ist Deuten, ein Zeigen, sie ist kein ‚Sein‘. Jedes Rechtssystem unterliegt dem Sein-Sollen-Fehlschluß, denn aus einer Tatsache läßt sich keine Norm ableiten. Sprache kann niemals eindeutig sein.

    Ein Rechtssystem ist eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, denn sie erschafft erst durch Sprache die notwendigen moralischen Phänomene, die sie vorgibt zu bekämpfen. Moral und Offenheit ist ein Widerspruch in sich, denn kein Mensch kann urteilen und gleichzeitig offen sein.

    Der formatierte Mensch, der Rollenspieler, der Zocker oder
    Gibt es eine Moral, die nicht verlogen ist?

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