Pressefreiheit ist Privileg und Pflicht zugleich. Das Privileg schreiben zu dürfen, was man weiß und die Pflicht, fragen zu müssen, was man nicht weiß.
Eigentlich ganz simpel. Doch manche Fragen sind unbequem und damit ist guter Journalismus manchmal eben auch eine Art Oppositionsarbeit. Für mich bedeutet das im Klartext: Fragen stellen, recherchieren, Missstände aufdecken, Korruption und Lobbyismus sichtbar machen. Das kommt nicht immer gut an. Auch nicht bei den eigenen Verlegern. Doch als guter Journalist muss man auch den Eigentümern der Medien klarmachen, dass investigativer Journalismus über den Wirtschaftsinteressen der Verlage steht. Diese starke Konzernabhängigkeit stellt in meinen Augen ein großes strukturelles Defizit dar. Und sicherlich ist es für jeden einzelnen Journalisten mitunter oft eine Gratwanderung.
Als ich während meines Abiturs und Studiums als kleine freie Mitarbeiterin bei der Lokalzeitung in meiner Heimat gearbeitet habe, traf ich auf meinen Terminen immer die Konkurrenz der anderen Tageszeitung. Das war in vielerlei Hinsicht spannend. Und die persönliche Note spiegelte sich – gewollt oder ungewollt –in der Berichterstattung wider. Denn jeder hat eine andere Wahrnehmung und wird von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst. Heute 2022 gibt es vielerorts häufig nur noch eine einzige Tageszeitung. Gerade die Konkurrenz und die Vielfalt in der Medienlandschaft halte ich aber für sehr wichtig.
Wo stehen wir denn heute am Tag der Pressefreiheit 2022 in Deutschland? Haben wir wirklich noch einen guten Informantenschutz? Kann ein Informant/Whistleblower sicher sein, dass er nicht entdeckt wird? Ist die Vorratsdatenspeicherung nicht vielmehr auch ein Feind der Pressefreiheit geworden, wenn wir keinen garantierten Quellenschutz haben? Halten sich die großen Verlage überhaupt noch so an das „Zwei-Quellen-Prinzip“, wie ich es mir als Leser wünsche?
Und welche Chancen hat Pressefreiheit überhaupt noch an den Orten, wo sich die politische Zensur verschärft? Inwieweit dürfen Sicherheitsmaßnahmen Einschränkungen der Pressefreiheit rechtfertigen? Was können wir hier vor Ort konkret tun, um die Pressefreiheit weltweit zu unterstützen?
Fake News, Lügenpresse, Verschwörungstheorien – diese Begriffe haben bei mir als junge Frau in meiner kleinen Lokalredaktion damals noch keine Rolle gespielt. Auch noch nicht so im Bewußtsein der Öffentlichkeit waren die vielen Journalisten, die wegen ihrer Berichterstattung inhaftiert sind oder sogar ihr Leben verloren. Unvorstellbar war gar eine Causa Julian Assange.
Zum Tag der Pressefreiheit wünsche ich uns allen, dass jeder von uns mutig bleibt, die richtigen Fragen zu stellen.
Zur Autorin: Melanie Kern, Diplom-Finanzwirtin, engagiert bei den Piraten im Kreis Recklinghausen
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