Familien- und Queerpolitik
Freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität und Orientierung
Wir stehen für eine Politik, welche die freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität und Orientierung respektiert und fördert. Fremdbestimmte Zuordnungen zu einem Geschlecht oder zu Geschlechterrollen lehnen wir ab.
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechterrolle, der sexuellen Identität oder Orientierung ist Unrecht, weshalb wir auch die Erfassung des Merkmals „Geschlecht“ durch staatliche Behörden sowie den Zwang zu geschlechtseindeutigen Vornamen ablehnen.
Positiv sehen wir, dass das Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung im Mai 2021 eingeführt wurde und somit auch in NRW nach § 1631 e BGB Gültigkeit hat.
Kinder und Jugendliche können derzeit mit Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertretung den Namen und Personenstand ändern. Wir streben an, dass Jugendliche ab Vollendung des 14. Lebensjahres eigenständig über die Änderung entscheiden dürfen. Dies entspricht zum einen der zunehmenden Entscheidungsfähigkeit, die Jugendlichen in anderen Rechtsbereichen, z. B. bei der Wahl der Konfession bzw. Religion, zugetraut wird. Zum anderen ist die Berücksichtigung des Willens von Kindern und Jugendlichen sowie deren Diskriminierungsschutz aufgrund der UN-Kinderrechtskonvention eindeutig geboten.
Das Transsexuellengesetz (TSG) ist ein Bundesgesetz und es unterliegt der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). Viele Verfahren nach TSG laufen über Prozesskostenhilfe (PKH). Je nach den wirtschaftlichen Verhältnissen wird diese bisher mit oder ohne Ratenzahlung bewilligt.
Wir setzen uns dafür ein, dass Jugendliche ab dem 16 Lebensjahr den Antrag ohne Erziehungsberechtigte und Vormundschaft durchführen können. Zudem wollen wir, dass bei allen Verfahren nach dem TSG die Verfahrenskostenbeihilfe als Hilfe gewährt wird, unabhänging vom Einkommen oder Vermögen.
Bekämpfung von Homophobie und Transphobie
Homophobie oder Transphobie bezeichnen eine soziale Abneigungen gegenüber Menschen, die in ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität von der Heteronormativität abweichen.
Wir setzen uns für die Unterstützung von Initiativen ein, welche die Akzeptanz und Selbstbestimmung sexueller Vielfalt fördern. Ziel sollte es sein, eine Auseinandersetzung mit Homophobie und Transphobie in der Gesellschaft zu initiieren und einen positiven Wandel zu Respekt von selbstbestimmten Lebensentwürfen zu erwirken. Straftaten mit homophobem oder transphobem Hintergrund sollen in die polizeiliche Kriminalstatistik separat aufgenommen werden, um die Reichweite der Problematik sichtbar zu machen.
Anerkennung von sexueller Verfolgung als Asylgrund
In vielen Ländern der Welt werden Menschen aufgrund ihrer geschlechtlichen oder sexuellen Identität bzw. Orientierung diskriminiert oder kriminalisiert.
Wir setzen uns dafür ein, dass diese Nachstellungen, gleich, ob sie staatlich gelenkt oder nur geduldet sind, als Asylgrund anerkannt werden. Abweichende geschlechtliche oder sexuelle Identität, bzw. Orientierung, darf nicht als Krankheit oder Perversion eingestuft werden.
Freie Selbstbestimmung partnerschaftlicher Lebensmodelle
Wir bekennen uns zum Pluralismus des Zusammenlebens. Politik muss der Vielfalt der Lebensstile gerecht werden und eine wirklich freie Entscheidung für die individuell gewünschte Form des Zusammenlebens ermöglichen. Eine historisch gewachsene, strukturelle und finanzielle Bevorzugung ausgewählter Modelle lehnen wir ab.
Familien rechtlich gleichstellen und fördern
Unabhängig vom gewählten Lebensmodell genießen Lebensgemeinschaften, in denen Kinder aufwachsen oder schwache Menschen versorgt werden, einen besonderen Schutz.
Wir setzen uns für die gleichwertige Anerkennung von Lebensmodellen ein, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Unsere Familienpolitik ist dadurch bestimmt, dass solche Lebensgemeinschaften vor dem Gesetz gleichgestellt werden müssen.
Ausbau von Familientoiletten
Junge Familien stehen regelmäßig vor der Frage, ob es richtig ist, wenn die Mutter ihren Sohn mit auf die Damentoilette oder der Vater seine Tochter mit auf die Herrentoilette nimmt. Für Väter mit Kleinkindern besteht oft gar keine Möglichkeit, das Kind zu wickeln, da Wickeltische, wenn sie nicht in der Behindertentoilette angebracht sind, im Regelfall auf der Damentoilette vorzufinden sind.
Wir möchten den Ausbau von Familientoiletten fördern. In einem ersten Schritt sollten öffentliche Einrichtungen, die neu- oder umgebaut werden mit Familientoiletten ausgestattet werden. Darüber hinaus sollen bei Neubaumaßnahmen wie Einkaufszentren u. ä. entsprechende Einrichtungen vorgesehen werden.
Frauenförderung und Gewaltschutz
Wichtige Anlaufstellen für die Frauenförderung und den Gewaltschutz sind in NRW seit Jahrzehnten chronisch unterfinanziert. Damit können sie nicht nur dem Bedarf kaum Rechnung tragen, sondern es führt auch dazu, dass die Angebote von den Mitarbeiterinnen nur noch durch Selbstausbeutung erbracht werden können. Wir streben eine pauschale Aufstockung der Mittel für die Fraueninfrastruktur an, sowie einen gezielten Ausbau bei Angeboten für gewaltbetroffene und wohnungslose Frauen sowie in der Beratung von Sexarbeitern und Sexarbeiterinnen.
Ablehnung von gesetzlichen Quoten
Auch heute noch werden Frauen in vielen Bereichen benachteiligt. Für eine echte Gleichstellung müssen rechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Gesetzlich bestimmte Quoten für Personen in Wirtschaft, Verwaltung oder auf Listen bei Wahlen zu Volksvertretungen lehnen wir, egal aufgrund welchen Merkmals, jedoch ab. Stattdessen wollen wir die jeweiligen gesellschaftlichen Zugangshürden minimieren und so für eine wirkliche Gleichberechtigung aller Menschen sorgen.
Kinder- und Jugendpolitik zukunftsgerecht gestalten
Kindergrundsicherung einführen
Vielfach sind Kinder, Jugendliche und junge Menschen von Armut bedroht. Schlechte finanzielle Verhältnisse in Familien verhindern auch den Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe. Die bisherige Ausgestaltung der Transferleistungen ist zum einen zu niedrig, zum anderen durch den Verwaltungsaufwand nicht niederschwellig genug. So erreicht das Geld nicht jeden Anspruchsberechtigten.
Wir setzen uns daher für eine auskömmliche Kindergrundsicherung als Brückentechnologie hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommens ein.
Die Kindergrundsicherung wird an jedes Kind, jungen Menschen und Menschen über 18 in Ausbildung gezahlt. Um sie sozial gerecht bzw. entsprechend der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern auszugestalten, soll sie mit steigendem elterlichen Einkommen langsam abgeschmolzen werden. Im Ergebnis erhalten Kinder und ihre Familien einen Mindestbetrag von 330 Euro, der der maximalen Entlastung durch die derzeitigen Kinderfreibeträge entspricht. Je niedriger das Familieneinkommen ist, desto höher fällt der Betrag der Kindergrundsicherung aus.
Bisherige pauschal bemessene Transferleistungen werden ersetzt. Für Sonder- oder Mehrbedarfe im Falle behinderter oder kranker Kinder oder bei überdurchschnittlichen Wohnkosten, Umzügen und Klassenreisen soll weiterhin der Grundsicherungsträger zuständig sein.
Aktuell würden wir die Höhe des verfassungsrechtlich notwendigen Existenzminimums in Höhe von 695 Euro monatlich als Kindergrundsicherungsbedarf ansetzen.
In einem ersten Schritt wird es erforderlich sein die Transferleistungen im Rahmen des Bürokratieabbaus zu vereinfachen. Leistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag, Gelder aus dem Paket Bildung und Teilhabe, BAföG, Kinderwohngeld, Sozialgeld, Unterhaltsvorschuss, etc. müssen in einer Behörde wohnortnah zu beantragen sein.
Im Hinblick auf die Verpflichtung nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) Anträge auch online stellen zu können, setzen wir uns für einen geeignete Plattform für Familienleistungen in NRW ein, die besonders niederschwellig nutzbar ist.
Mit dem Starke-Familien-Gesetz hat die Bundesregierung erkannt, dass Familien stärker gefördert und finanziell besser ausgestattet werden müssen, jedoch reichen die bisherigen Änderungen bei weitem nicht. Wir werden uns dafür einsetzen, dass NRW ein klares Zeichen für die Einführung der Kindergrundsicherung abgeben wird.
Überwachung von Kindern und Jugendlichen
Kinder und Jugendliche haben das Recht, frei und ungezwungen aufzuwachsen. Der Schutz der Privatheit sollte vor Kindern und Jugendlichen nicht halt machen. Sie sollten nicht schon in jungen Jahren an Überwachung gewöhnt werden. Daher setzten wir uns für das Verbot von Kameras in öffentliche Gebäuden und Plätzen wie Schulen, Kindergärten, Spielplätze usw an denen sich überwiegend Kinder und Jugendliche aufhalten ein.
Wahlalter herabsetzen
Wir setzen uns für die Absenkung des Wahlalters bei Kommunalwahlen und Landtagswahlen auf 14 Jahren ein. Das passive Wahlrecht bleibt auch weiterhin bei 18 Jahren. Für den Altersbereich von 14 – 16 Jahren besteht eine Verpflichtung zur Eintragung in ein Wähler:innenverzeichnis und eine Briefwahl ist ausgeschlossen. Durch diese Vorgehensweise soll sichergestellt werden, dass Jugendliche auf Eigeninitiative an der Wahl teilnehmen.
Kinder und Jugendliche beteiligen
Auch 32 Jahre nach Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention werden in NRW Kinder und Jugendliche nicht angemessen in sie betreffende Entscheidungen einbezogen.
Wir setzen uns dafür ein, dass Kinder und Jugendliche die Möglichkeit bekommen, sich an Entscheidungsprozessen aktiv zu beteiligen. Kinder und Jugendliche sollen vor allem in ihrer eigenen Lebenswelt, wie z. B. in Kita, Schule, Jugendzentrum oder Politik, mitbestimmen können. Ihnen muss die Möglichkeit gegeben werden, sich aktiv einzubringen und an der Gestaltung ihres Alltages beteiligen zu können.
Bestehende Beteiligungsstrukturen evaluieren
Bestehende Beteiligungsstrukturen in NRW wie Schüler:innen-Vertretungen oder Kinder- und Jugendräte müssen hinsichtlich ihrer Mitwirkungsmöglichkeiten überprüft werden.
In diesen Evaluationsprozess sind die Betroffenen einzubinden, um eine umfassende Bewertung der vorhandenen Strukturen zu erhalten und bedarfsgerechte Veränderungen herbeizuführen.
Verbindliche Einführung eines Jugendchecks in NRW
Wählen alleine reicht nicht aus. Tagtäglich entscheiden Abgeordnete über Anträge und Gesetzesvorhaben, die junge Menschen in der Gegenwart und der Zukunft betreffen. Selten werden diese Auswirkungen jedoch ausführlich betrachtet und Jugendliche angehört. Der Jugendcheck ist ein Verfahren, mit dem Politik sich verpflichtet, zu prüfen, ob ihre Vorhaben gute oder schlechte Folgen für junge Menschen haben.
Wir unterstützen daher die Initiative des Landesjugendrings NRW zur Einführung eines solchen Instrumentes auf Landesebene.
Einmischen, aber richtig – Jugendparlamente einführen
Wir setzen uns außerdem für die Verankerung eines echten Jugendparlaments in der nordrhein-westfälischen Verfassung ein. Gerade die seit 2019 aktive Bewegung FFF (Fridays for Future) hat gezeigt, dass viele junge Menschen in politischen Meinungsbildungsprozessen beteiligt werden wollen, dies jedoch nicht können. So bleibt nur die Möglichkeit mit Klimastreiks die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
In einem Jugendparlament können gewählte Jugendliche und deren Beschlüsse konkreten Einfluss auf laufende Beratungsprozesse im Landtag NRW nehmen.
Die Kinder- und Jugendparlamente sind Beratungsgremien mit Rede-, Antrags- und aufschiebendem Vetorecht, welche die Interessen der Kinder und Jugendlichen gegenüber den bei Landtags- bzw. Bundestagswahlen gewählten Mandatsträgern vertreten. Die Kinder- und Jugendparlamente werden demokratisch durch alle im jeweiligen Wahlgebiet lebenden Kinder und Jugendliche, die das 21 Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gewählt.
Kinder- und Jugendbeauftragte
Kinder und Jugendliche brauchen eine starke Vertretung für die Wahrung ihrer Rechte und Belange.
Wir wollen die Schaffung der Stelle eines/r unabhängigen Landesbeauftragten für die Rechte und Belange von Kindern und Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen. Die Stelle solcher Landesbeauftragten ist dabei mit einem ausreichenden Handlungsspielraum sowie mit ausreichenden finanziellen und personellen Mitteln auszustatten.
Jugendliche stärken
Aufgabe einer Ombudschaft im Rahmen der Arbeit der öffentlichen Jugendhilfe ist es, das Machtungleichgewicht zwischen Beteiligten (Kindern/Jugendlichen, Eltern und Jugendämtern) auszugleichen, mit dem Ziel, eine gerechte Entscheidung bei Streitfragen zu erreichen.
Konkrete Aufgabe der Ombudschaft NRW:
- informiert Kinder, Jugendliche und Erwachsene über ihre Rechte auf Leistungen nach dem SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe)
- unterstützt Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die sich bei der Leistungsgewährung durch ein Jugendamt nicht ausreichend beteiligt, beraten und beschieden fühlen
- unterstützt junge Menschen, die durch einen freien Träger betreut werden, hiermit nicht zufrieden sind und sich persönlich beschweren möchtenIn den vergangenen Jahren hat sich die Ombudschaft Jugendhilfe NRW hierfür erfolgreich eingesetzt. Ziel muss es sein, auch auf kommunaler Ebene Ombudschaften in der Jugendhilfe zu etablieren.
Die finanzielle Ausstattung der Jugendämter ist katastrophal. Dadurch sind die Kommunen im personellen Bereich schlecht ausgestellt. Diese Mittel müssen deutlich angehoben werden, um den Personalschlüssel zu verbessern.
Jugendliche und ihre digitale Lebenswelt erkennen, akzeptieren und fördern
Smartphones gehören zur Lebenswirklichkeit junger Menschen. Die Nutzung von Smartphones zu verbieten oder bestimmte Apps zu verteufeln, ist kein sinnvoller pädagogischer Ansatz. Kinder und Jugendliche sollen sich in ihrer “digitalen Welt” zurechtfinden und durchsetzen können und über Chancen und bestehende Gefahren aufgeklärt werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass Kindern und Jugendlichen der Umgang mit digitalen Medien neutral beigebracht wird. In der Kinder- und Jugendarbeit sollen die Chancen, die sich durch die Digitalisierung eröffnen, erkannt und gefördert werden.
Offene Gestaltung des Kinder- und Jugendförderplans
Der Kinder- und Jugendförderplan wird im Wesentlichen ohne Beteiligung des Landtags erarbeitet. Wir erachten das für falsch und wollen, dass eine frühere Beteiligung des Landtags ermöglicht wird.
Wir setzen uns daher für eine offene Gestaltung des Kinder- und Jugendförderplans ein. Hierbei ist neben den Verbänden und Organisationen sowie den Selbstvertretungen Jugendlicher auch der Fachausschuss des Landtags frühestmöglich in die Beratungen einzubeziehen.
Bedarfsgerechte und kostendeckende Investitionen in die Zukunft
Die seit Jahren stagnierenden Landeszuschüsse in Kinder- und Jugendarbeit führen in den Einrichtungen und Verbänden zu einem Rückgang der Angebote. Es bedarf einer größeren Anerkennung der Kinder- und Jugendarbeit und einer auskömmlichen Finanzierung der Strukturen.
Wir setzen uns auch dafür ein, dass der Etat des Kinder- und Jugendförderplans des Landes erhöht wird. Zudem soll dieser dynamisch gestaltet werden, damit Kostensteigerungen künftig direkt aufgefangen werden können. Hierbei ist auch zu beachten, dass der Kinder- und Jugendförderplan flexibler gestaltet werden muss, um z.B. bedarfsgerechte Angebote für geflüchtete Kinder und Jugendliche zu entwickeln.